Enstpannte Schwangerschaft

Weniger Stress in der Schwangerschaft

Dieser Artikel wurde am 28.04.2022 aktualisiert

Am 5. Mai ist der Internationale Hebammentag. Weltweit. Falls ihr jetzt zugeben müsst, davon noch nie gehört zu haben, seid ihr wahrlich nicht allein. Warum wir heute über das Thema “Weniger Stress in der Schwangerschaft” schreiben?
Wir haben den Eindruck, dass dieser Tag – und überhaupt diese Berufsgruppe – viel viel zu wenig Beachtung erfährt. Das ganze Jahr über. Und seit Corona noch viel mehr.

Wieso ist das so ist? Hebammen haben keine nennenswerte Lobby. Ihre Stimmen finden kaum Gehör. Und das ist bitter. Sehr bitter. Solltest du also gerade in der Phase sein, eine Hebamme zu suchen oder du hast schon eine gefunden (you lucky one ??), dann ist dieser Blogartikel heute etwas für dich. Wünschst du dir auch so sehr, mit weniger Stress in der Schwangerschaft lieber den Blick auf die pure Freude auf den Nachwuchs zu richten?

So wichtig sind Hebammen für werdende Mütter

Dabei sind sie gerade in der anhaltend bedrückenden Lage wichtiger denn je. Sie bewahren werdende Mütter vor einem echten Problem: Stress in der Schwangerschaft und nach der Geburt. Den gibt es ohnehin schon genug – auch ohne Corona. Beim ersten Kind sorgt man sich grundsätzlich um alles. Ist das zweite oder dritte Kind auf dem Weg, hüpfen oft noch Kleinkinder um euch herum.

Die Geschwister verlangen eure Aufmerksamkeit ebenso. Dazu all die anderen Verpflichtungen, die nicht einfach verschwinden, wenn man schwanger ist. Dann bringen Berichte wie der in DIE ZEIT vom 05.07.2020 das hormonelle Fass zum Überlaufen: „Väter müssen draußen bleiben“. Gemeint war der Kreißsaal. Da stürzten für eine Schwangere doch Welten ein. Genau so war es in 2020, zu Bgeinn der Pandemie.

Wir haben uns für eine ambulante Geburt entschieden, weil meine Frau auf keinen Fall allein ins Krankenhaus wollte. Unsere Tochter kam um 7:30 Uhr zur Welt und um 12 Uhr gingen wir gesund nach Hause. Unsere Hebamme hat das Vorhaben von Beginn an unterstützt und uns nach der Geburt wirklich hervorragend betreut. Ohne sie hätten wir die Geburt mit viel mehr Stress erlebt.

Christoph F., wurde im Mai 2020 zum ersten Mal Vater

Hebammen sind der rettende Anker. Sie spenden Trost. Machen Mut. Helfen bei körperlichen Problemen und Ängsten. Sie sind in einer Zeit für Frauen da, in denen sie sich die allergrößte Kraftanstrengung abverlangen. Und tatsächlich so verletzlich sind, wie noch nie in ihrem Leben. Das brauchen werdende Mamis jetzt ganz besonders! Und die Papas nicht zu vergessen!

Emotionaler Stress in der Schwangerschaft ist gerade sehr hoch

Eine Schwangerschaft bedeutet ohnehin schon Stress. Stress für den Körper, Stress für den Kopf, Stress für den Papa, Stress bei den Vorbereitungen. Der meiste Stress lässt sich gut wegstecken. Immerhin hat er einen sehr schönen Grund. Aber was die äußeren Umstände gerade den Schwangeren zumuten, kann einen schon verzweifeln lassen. Oder nicht?

  • Gespräche und Untersuchungen nur mit Maske, wir schützen uns ja auch weiter, trotz des offiziellen Wegfalls einer Maske
  • Betreuung überwiegend am Bildschirm, auch nach Corona immer noch üblich
  • Kaum persönlicher Austausch in einer Gruppe Gleichgesinnter (z.B. dem Geburtsvorbereitungskurs)
  • Geburten, bei denen Papa erst auf den letzten Drücker kommen darf

Ich muss wohl während der Geburt eine Maske tragen. Aber wenn ich blau anlaufe, darf ich sie anscheinend ausziehen. Es gibt Dinge, die muss ich gerade einfach mit Humor nehmen. Aber dass momentan alles mehr oder weniger online stattfindet und es auch nach der Geburt vorerst kein Babyschwimmen oder keine Krabbelgruppen geben wird – das finde ich total schade.

Rebecca H., erwartet im Juli ihr erstes Kind

Wenn ihr heute von der Schwangerschaft einer Freundin erfahrt, schleicht sich vielleicht auch der kurze Gedanke in euren Kopf: Ohje, jetzt ein Baby? In dieser Situation? Wie kommt ihr damit klar?

Stress in der Schwangerschaft kann Auswirkungen auf Baby und Mutter haben

Dass psychischer Stress sich in der Schwangerschaft erst ab einer gewissen Dauer auf das Ungeborene auswirkt, haben Forscher der Uni Zürich herausgefunden. Klingt zwar beruhigend, aber momentan sind die Voraussetzungen gegeben für dauerhaften Stress. Corona und die gesamte Bandbreite an Einschränkungen unseres normalen Alltags sind zum Dauerproblem geworden. Hinzu kommen bei vielen Schwangeren vielleicht nicht optimale Wohnverhältnisse, Geldsorgen oder gesundheitliche Krisen in der Familie.

Steigt der Stresspegel der werdenden Mama, schüttet ihr Körper Cortisol aus. Das Hormon kann den CRH-Spiegel im Fruchtwasser ansteigen lassen. Und dadurch wirkt sich der mütterliche Stress auch aufs Baby aus: Es wächst schneller. Gar kein schlechter Effekt eigentlich, denn so ist das Baby besser vorbereitet, falls eine weitaus schlimmere mögliche Folge von Stress während der Schwangerschaft auftritt: eine Frühgeburt.

Wirkt sich Mamas Stress auf die Family und Geschwisterkinder aus?

Wenn du schon mehrere Kinder zu Hause hast, ist der Stresspegel wahrscheinlich sowieso immer etwas erhöht. Oder musstest du dir noch nicht anhören, deine Launen seien heute echt anstrengend? Denn klar, irgendwann macht sich dein Stressempfinden nicht nur für dein Ungeborenes, sondern auch in deiner Umgebung bemerkbar.

Zu den Terminen beim Gynäkologen darf mich weder mein Kind, noch mein Mann begleiten. Das ist natürlich schade und nicht immer ganz einfach zu organisieren.

Anja F., erwartet im Dezember ihr zweites Kind

Dabei haben dein Partner und deine anderen Kinder gerade mit ihrem eigenen Stress zu kämpfen. Ein neues Kind kommt in die Familie. Was soll das bedeuten? Die Auswirkungen von Stress während und nach der Schwangerschaft, zeigt sich bei den Geschwistern meist erst später: wie sie auf das Baby reagieren, was sie über das Baby sagen, was sie wegen des Babys tun. Auch hierfür können dir Hebammen ihre gesamte Erfahrung zur Verfügung stellen. Und die ist einfach spitze!

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Bewusstsein für die Leistung von Hebammen muss größer werden

Natürlich kann die Familie auch eine große Stütze für die Schwangere sein. Die Partner, die trotz ihrer eigenen Zweifel und Ängste der werdenden Mutter gut zureden. Die Kinder, die in ihrer Gelassenheit die coronabedingten Umstände als gar nicht so tragisch wahrnehmen. Das färbt ab und gibt Kraft. Das entspannt und reduziert den Stress während der Schwangerschaft möglicherweise.

Doch es sind die Hebammen, die neben ihrer einfühlsamen psychologischen Hilfe auch noch das Know-how für den Körper mitbringen. Die das Rundumpaket für eine entspannte Schwangerschaft und Geburt liefern. Es reicht nicht aus, nur am Internationalen Hebammentag an sie zu denken. Sie brauchen eine größere Bühne. Hebamme sein ist eine Berufung, ja fast Idealismus. Denn attraktiv scheint diese Profession schon seit langem nicht mehr – weder festangestellt in einer Klinik, noch als selbstständige Hebamme.

  • Die monatlichen Überstunden als angestellte Hebamme sind oft deutlich zweistellig.
  • Eine 1:1-Betreuung unter der Geburt ist oft nicht möglich. Hebammen in Kliniken betreuen vielfach mehrere Geburten zur gleichen Zeit.
  • Der jährliche Beitrag in die Haftpflichtversicherung ist für freie Hebammen enorm hoch (2020 bei 9.098,00 € laut deutschem Hebammenverband).
  • Der Verdienst ist verglichen mit der Verantwortung nicht zufriedenstellend.
  • Teilzeit zu arbeiten ist für freie Hebammen finanziell nahezu unmöglich.

Es herrscht Hebammenmangel in Deutschland und anderswo. In Ballungsgebieten suchst du unter Umständen lange, bis du eine Hebamme findest, die überhaupt Zeit hat. Wohnortnähe? Oft Fehlanzeige. In Kliniken empfinden viele Hebammen die Arbeit wie am Fließband. Es fehlt ausreichend Personal.

Die Politik ist am Zug, sich um die Arbeitsbedingungen der Hebammen zu kümmern. Und anscheinend rührt sich langsam was. Der Deutsche Hebammenverband sieht die Bemühungen jedoch noch als unzureichend an, wie er in seiner Stellungnahme vom 09.11.2020 zum Ausdruck bringt.

Was bedeutet das für dein Stresslevel in der Schwangerschaft? Die Hebammen in Deutschland werden ihre Arbeit nach wie vor mit Herzblut erledigen und dir so gut sie können beistehen. Das werden sie ganz sicher. Deshalb sind sie Hebammen. Deshalb sind sie so wichtig!

Hilfe bei Stress in der Schwangerschaft: die fachkundige Hebamme deines Vertrauens

Julia Ronnenberg ist Hebamme und Spezialistin für die Themen Beckenboden und Rückbildung. Sie weiß, mit welchen Sorgen und Ängsten Frauen während einer Schwangerschaft zu kämpfen haben. Wir haben sie zu ihrer Arbeit befragt und wollten wissen, welche Hürden durch Corona entstanden sind. Lest es selbst, ihr wunderschönes Plädoyer für einen der wichtigsten Berufe überhaupt.

Die Geburt eines Babys, insbesondere des 1. Kindes, ist eine außergewöhnliche Situation. Warum ist es so wichtig, dass die Frauen bei diesem Lebensereignis gut betreut werden?

Mutter zu werden ist wohl das prägendste Ereignis im Leben einer Frau. Die Schwangerschaft ist oft schon von vielen Fragen und Unsicherheiten geprägt und die nahende Geburt löst noch mehr Unbehagen aus. Es ist gut zu wissen, dass man in dieser Zeit eine vertrauensvolle Hebamme an seiner Seite hat, die einen auf dem Weg ins Muttersein begleitet. Jemand, der eine medizinischen Blick hat, aber trotzdem diese Lebensphase als einen natürlichen Prozess sieht, Ängste und Unsicherheiten nimmt und die schwangere Frau positiv bestärkt.

Dass kontinuierliche Hebammenbetreuung während der Schwangerschaft und unter der Geburt einen positiven Effekt hat, konnten auch schon Studien zeigen. Die senkt das Risiko von Fehlgeburten und lässt die Frauen gelassener der Geburt entgegensehen. Die Geburt wird durch eine 1:1 Betreuung als positiver empfunden. Der Bedarf an Schmerzmitteln sowie das Risiko für einen Kaiserschnitt sinken. Somit ist die Hebammenbetreuung nicht nur eine Bereicherung für Mutter und Kind, sondern auch eine Entlastung für das Gesundheitssystem. Leider ist eine 1:1 Betreuung aufgrund von Personalmangel oft nicht möglich und auch vom GKV Spitzenverband nicht vorgesehen. 

Der Beruf der Hebamme hat etwas sehr Nahes, wie kannst du in Zeiten von Corona auf die werdende Mutter trotz allem gut eingehen?

Durch Corona entsteht bei schwangeren Frauen oft zusätzlich zur Schwangerschaft viel Unsicherheit. Was ist wenn ich erkranke? Kann ich mein Baby anstecken? Darf mein Mann mit zur Geburt? Muss ich mit Maske gebären? …  

Schwangere Frauen haben wie bisher Anspruch auf Hebammenhilfe und können sich mit all diesen Fragen vertrauensvoll an eine Hebamme wenden. Diese kann unter Einhaltung der Hygieneauflagen einen Hausbesuch durchführen. In Pandemiezeiten können Schwangere ihre Termine auch per Video Call wahrnehmen. Falls keine körperliche Untersuchung gemacht werden muss, ist das eine sehr gute Alternative.

Geburtsvorbereitungskurse oder Rückbildungskurse können im Augenblick nur bedingt in Präsenzform stattfinden. Gibt es gute digitale Angebote?

Eine Alternative für einen ausgefallenen Kurs können Video Kurse oder Live-Online Kurse sein, die per Video Call stattfinden. Auch wenn Online Kurse meist nicht die erste Wahl der meisten Frauen sind, habe ich die Erfahrung gemacht, dass die anfänglichen Bedenken meist schnell verschwunden sind. Langsam hat sich jeder an Zoom gewöhnt. Aktuell übernehmen die Krankenkassen noch die Kosten für Live-Kurse. Eine gute Übersicht von verschiedenen Kursen zu Geburtsvorbereitung und Rückbildung findet man hier.

“Väter dürfen nicht in den Kreißsaal”, titelte jüngst DIE ZEIT. Was macht das mit den Paaren, was heißt das konkret für den Verlauf einer guten, glücklichen Geburt?

Zu Anfang der Pandemie durften werdende Väter fast in ganz Deutschland nicht mit in den Kreißsaal, um ihre Frau bei der Geburt ihres Kindes zu unterstützen. Der Partner ist unter der Geburt eine wichtige Vertrauensperson für die Gebärende und hat großen Einfluss darauf, ob sich die Gebärende entspannen kann. Diese wichtige Vertrauensperson, die auch die Hebamme bei ihrer Betreuung entlastet, nicht mehr in den Kreißsaal zu lassen, habe ich von Anfang an sehr kritisch gesehen.

Viele Paare haben sich um ein gemeinsames Geburtserlebnis betrogen gefühlt. Schon in der Schwangerschaft hat der Gedanke, dass der Partner bei der Geburt nicht dabei sein darf große Ängste geschürt. Die Geburtshäuser, können sich seitdem nicht mehr vor Anfragen retten. Einige Frauen haben sich für eine Alleingeburt entschieden, da eine Geburt ohne Partner für sie nicht in Frage kam. 

Mittlerweile können die Partner wieder flächendeckend mit zur Geburt ihres Kindes. Nicht zuletzt, weil sich Vereine wie motherhood.e.V dafür eingesetzt haben. Die Voraussetzung ist in der Regel ein negativer Corona-Test. 

Welche Webseiten kannst du unseren Lesern, die vielleicht gerade ein Geschwisterkind erwarten, neben deiner eigenen zur guten Vorbereitung auf die Geburt empfehlen?

Es gibt wahnsinnig viele Internetseiten, wo sich werdende Eltern zu Themen wie Schwangerschaft, Geburt und Leben mit Baby informieren können. Natürlich ersetzt dies nicht die persönliche Beratung und Begleitung. Ich kann neben meinem eigenen Hebammenblog die Seiten Baby und Familie, den Hebammenblog von Jana Friedrich und Windeln.de empfehlen. Diese Seiten haben ein breites Spektrum an Themen.

Vielen Dank für die Zeit, liebe Julia, die du dir für unsere Fragen genommen hast!

Schwanger und Stress dürfen nicht zusammen gehören

Haben euch die wertvollen Informationen einer Hebamme weitergeholfen? Wenn ihr selbst gerade schwanger seid, hinterlasst uns doch gerne einen Kommentar. Wie geht ihr mit der derzeitigen Situation um? Welche Wege habt ihr gefunden, um den Stress in der Schwangerschaft zu reduzieren?

Das war für uns ein wichtiger Beitrag zum heutigen Welthebammentag. Hoffentlich etwas mehr, als nur einmal kurz an die Berufsgruppe gedacht.

Wir freuen uns sehr, wenn du unseren Beitrag teilst und uns damit unterstützt. Vielen Dank!

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