Corona macht die Kitas dicht: Sonderurlaub und Entschädigungsanspruch für Eltern
26.04.2021 +++ UPDATE +++ 26.04.2021 +++ UPDATE +++ 26.04.2021 +++ UPDATE +++ 26.04.2021
26.04.2021 – Nachdem die Anzahl der Kinderkrankentage bereits Anfang des Jahres erhöht wurde, hat die Bundesregierung nun angesichts des verschärften Lockdowns eine erneute Aufstockung um 10 Tage vorgesehen. Im Jahr 2021 stehen jedem Elternteil damit jeweils 30 Tage zu, Alleinerziehenden insgesamt 60 Tage. Bei mehreren Kindern erhöht sich die Anzahl weiter. Die Höhe des Krankengeldes beträgt 90 % des ausgefallenen Nettoarbeitsentgeltes. Stand 26.04.2021
Wir haben den Artikel am 24.01.2021 aktualisiert – Kinderkrankentage – Kinderkranken-Tagegeld
Bähm! Lockdown-Verlängerung bis 14. Februar 2021.
Vorerst, Kitas geschlossen, Schulen geschlossen. Das Land liegt ruhig da und hofft auf … bessere Zeiten? Jetzt geht nicht mehr viel. Die Reserven sind bald aufgebraucht. Und das Corona-Virus schlägt weiterhin unerbittlich zu.
Während der innerstädtische Einzelhandel jäh gestoppt wird und immer mehr Menschen ins Home-Office wechseln müssen, schließen bis auf wenige Ausnahmen nun wirklich Kitas und Schulen ihre Pforten. Für viele Familien bedeuten diese einschneidenden Maßnahmen, dass sie sich plötzlich und vor allem vollständig zu Hause wiedertreffen. Das soziale Netz ist voll mit guten Tipps, wie Eltern die Coronakrise kindgerecht gestalten können. So weit so … die Theorie.
Wenn die Nerven blank liegen
Was aber, wenn nicht nur Nerven, sondern auch die Bankkonten blanker liegen und die Kinder gleichzeitig heimische Betreuung benötigen?
Das Bundesgesundheitsministerium hat nun einen bezahlten Sonderurlaub gewährt. Danach habt ihr als Eltern einen Entschädigungsanspruch, wenn ihr zwar arbeiten könntet, aber durch die notwendig gewordene Betreuung der Kinder gezwungen seid, zu Hause zu bleiben.
Wann kriegen Eltern Sonderurlaub?
Wer kleine Kinder und einen Job hat, der kann sich nun mal nicht in zwei Hälften aufteilen. Das sieht auch Spahn und das Bundesgesundheitsministerium so. Den Entschädigungsanspruch gibt es nach § 56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz für die „erwerbstätigen Personen, die ihr Kind selbst beaufsichtigen, betreuen oder pflegen müssen“.
Wenn Kitas, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen geschlossen werden, gibt’s für die betreuenden Eltern demnach Sonderurlaub, der aufgrund des Verdienstausfalls einhergeht mit einer Entschädigungsleistung.
Gleiches gilt, wenn die Kitas oder Schulen zwar nicht geschlossen sind, aber euer Kind die Einrichtung nicht besuchen darf, weil es zum Beispiel selbst mit dem Coronavirus infiziert ist. Die Regelung gilt jedoch nicht für alle Kinder: lediglich Kinder bis zum 12. Lebensjahr, also einschließlich des elften Lebensjahres, oder Kinder mit Behinderungen, die auf Hilfe angewiesen sind, fallen darunter.
Wie lange gilt diese Vorschrift (Sonderurlaub) eigentlich noch?
Die Regelung zum Sonderurlaub besteht übrigens seit dem 30. März 2020 und gilt noch bis zum 31. März 2021. Wer also noch 20 Wochen Sonderurlaub zu gut hat, sollte damit demnächst anfangen, ihn einzureichen – es sei denn die Geltungsfrist dieser Vorschrift wird verlängert …
Wie hoch ist der Entschädigungsanspruch?
Die Entschädigungsleistung beträgt 67 % des Nettogehaltes. Das sind gerade einmal zwei Drittel des gewohnten Monatsgehaltes. Dementsprechend ist es unschwer auszurechnen, dass Geringverdiener oder Alleinerziehende schnell an den Rand des finanziell Machbaren gedrängt werden können. Als Rechenbeispiel: Bei einem Nettogehalt von 1.500 Euro verbleiben gerade noch 1.005 Euro.
Die empfindlichen Einbußen werden auch spürbar für Besserverdienende ausgeweitet. Solltet ihr als Eltern in der komfortablen Lage sein, mehr Geld zu verdienen, so wird euer Gehalt beim Verdienstausfall gedeckelt. Maximal 2.016 Euro stehen euch dann als Entschädigungsleistung zu – ganz gleich wie hoch das sonstige Gehalt ist. Gezahlt wird das Geld übrigens durch den Arbeitgeber. Der bekommt die Gelder jedoch von den zuständigen Behörden zurück bzw. kann sogar einen Antrag auf Vorschuss der Zahlungen stellen.
Wie lange können Eltern den Sonderurlaub geltend machen?
Jeder Elternteil kann den Sonderurlaub bis zu zehn Wochen geltend machen. Voraussetzung dafür bleibt weiterhin der Zustand, wonach es für euer Kind oder eure Kinder keine „zumutbare“ Betreuungsmöglichkeit gibt. Der Sonderurlaub muss übrigens nicht an einem Stück genommen werden. Das heißt juristisch: Der Entschädigungszeitraum von einem oder beiden Elternteilen braucht nicht zusammenhängend verlaufen. Im Zweifel ist es sowohl für euch Eltern als auch für den Arbeitgeber praktisch, in der Hinsicht flexibel bleiben zu können.
Wie lange haben Alleinerziehende Sonderurlaub?
Während ein Elternpaar danach auf maximal 20 Wochen Sonderurlaub kommt, kann auch die oder der Alleinerziehende die Entschädigungsleistung über einen Zeitraum von insgesamt 20 Wochen geltend machen. Für jeden Einzelnen stellt sich aber die entscheidende Frage, wie lange man mit dem reduzierten Gehalt noch gut über die Runden kommt.
Ab wann ist eine Betreuungsmöglichkeit „zumutbar“?
Alle Freischaffenden, die ohnehin bereits im Home-Office arbeiten, müssen jetzt stark sein: Eure Kinder gelten als beaufsichtigt. Das bedeutet, dass euch kein Sonderurlaub zusteht und ihr keinen Entschädigungsanspruch geltend machen dürft. Das ist eine Regelung, die bei einem Elternpaar mit 11-jährigem Kind irgendwie verständlich ist, fast schon als nachvollziehbar angesehen werden kann.
Was aber machen Eltern, deren drei Kinder einundeinhalb, vier und acht Jahre alt sind? Schon mal zu Hause gearbeitet, wenn die entzückenden, aber nicht ganz ruhigen Kinder sinnvoll beschäftigt werden müssen?
Fernsehen in Zeiten von Corona
Spätestens, wenn Kinder die Lieblingsserie gucken durften, gegessen haben und friedlich miteinander gespielt haben, bleibt immer noch viel vom Tage übrig. Wie viel in dieser Zeit gearbeitet werden kann, sollte jedem klar sein. Überschaubar viel. Es kommt also sehr auf den Einzelfall an. Leider können Selbstständige diesen Umstand nicht mit ihrem Arbeitgeber besprechen. Sollte die Situation mit Sonderurlaub länger gelten als bis Ende März 2021, wäre es wünschenswert, das Bundesgesundheitsministerium würde an dieser Stelle inhaltlich nachbessern.
Verständlich, wenn die Notbetreuung in der Kita unzumutbar wird
Für manche Eltern kann es verständlicherweise „unzumutbar“ sein, wenn es doch eine Notbetreuung gibt, die man als Eltern für sein Kind akzeptieren muss. Hier werden sich alle Beteiligten einigen müssen, ob man der wiedergewonnen Arbeitszeit oder doch eher der Eindämmung der erklärten Pandemie Prioritäten einräumen will, indem man sich die Viren nicht durch Betreuer und Kinder verbreiten lässt.
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Muss ich zuerst meinen Jahresurlaub aufbrauchen, um Sonderurlaub zu bekommen?
Nein, der Erholungsurlaub dient der Erholung und ist kein Notfall-Instrument. In diesem Punkt ist man sich zumindest so weit einig, dass der Arbeitnehmer nicht gezwungen werden kann, seinen Jahresurlaub gleich zu Beginn des Jahres zu nehmen. Auch wenn der volle Urlaubsanspruch neu entstanden ist und neben dem Sonderurlaub besteht, so darf er unberührt bleiben. Wann welcher Urlaub genommen wird, sollte wie bereits erwähnt ausführlich mit dem Arbeitgeber besprochen werden. Bei all den Streitigkeiten, was den Eltern zusteht und was ihnen abverlangt werden darf, ist man sich jedoch bei einer Frage einig: Zumindest der Alturlaub aus dem vergangenen Jahr 2020 muss zuerst vom Arbeitnehmer eingereicht werden.
Soll ich Sonderurlaub oder Jahresurlaub nehmen?
Für Eltern oder Alleinerziehende hat die Wahl der freien Tage ja auch finanzielle Folgen. Während beim „normalen“ Urlaub weiterhin das volle Gehalt aufs Konto wandert, ist der Entschädigungsanspruch beim Sonderurlaub um ein Drittel gekürzt. Mehr freie Zeit bedeutet im letztgenannten Fall daher automatisch weniger Einkommen. Schwierige Entscheidungen für Eltern in einer leider weiterhin schwierigen Situation.
Wie viel Kinderkrankengeld bekommen Eltern?
Die gute Nachricht gleich vorweg: Das Kinderkrankengeld wird rückwirkend zum 5. Januar 2021 erhöht. Nach dem von der Bundesregierung erst am 12.01.2021 verabschiedeten Gesetz können danach gesetzliche versicherte Eltern volle 20 statt wie bisher 10 Arbeitstage Kinderkrankengeld beantragen. Bei mehreren Kindern hat jeder Elternteil insgesamt einen Anspruch auf maximal 45 Arbeitstage. Für Alleinerziehende steigt der Anspruch ebenfalls: und zwar von 20 auf 40 Arbeitstage pro Kind. Bei mehreren Kindern haben Alleinerziehende insgesamt einen Anspruch auf maximal 90 Arbeitstage.
Das Kinderkrankengeld gibt es dabei nicht nur, wenn Kinder krank sind. Gerade jetzt in der Coronakrise wird euch das Geld auch ausgezahlt, wenn die Kinder wegen geschlossener Kitas und Schulen nicht anderweitig betreut werden können.
Beantragen könnt ihr das Kinderkrankengeld bei eurer Krankenkasse. Allerdings befindet sich die genaue Umsetzung der Regelung noch in Bearbeitung. Sowohl Bundesregierung als auch Krankenkassen arbeiten momentan an einer raschen Lösung. Weitere Auskünfte sollten dennoch die Krankenkassen geben können.
Gibt es das Kinderkrankengeld zusätzlich zum Sonderurlaub?
Grundsätzlich gilt, dass das Kinderkrankengeld nicht neben dem Sonderurlaub beansprucht werden kann. Das Kinderkrankengeld gibt es demnach nicht gleichzeitig. Da das Kinderkrankengeld jedoch 90 % und die Entschädigungsleistungen beim Sonderurlaub nur 67 % vom Nettogehalt betragen, ist es für euch Eltern ratsam, sozusagen mit dem Kinderkrankengeld „anzufangen“. Wenn die Kinderkrankentage schließlich aufgebraucht sind, kann im Anschluss der Sonderurlaub beantragt werden. Nur eben gleichzeitig ist dies nicht möglich.
Wie managt Ihr die Situation? Wer bleibt zu Hause, wer nimmt Sonderurlaub? Was könnt Ihr anderen Eltern an Tipps geben? Schreibt es gern hier in die Kommentare.
Danke für den Artikel. Ich hätte es noch spannend gefunden, den Sonderurlaub mit den zusätzlichen “Kinderkranktagen” zu vergleichen, und zu überlegen wann was sinnvoll und möglich ist.
Lieber Sebastian, vielen Dank für den wertvollen Hinweis. Wir haben das Thema “Kinderkranken-Tagegeld” im Artikel ergänzt.